Workshop „Vernetzte Verführungen“

 Im Februar fand die Veranstaltung „Vernetzte Verführungen. Wie wir uns gegen die neuen Dark Arts der Konsumindustrie wehren können“ mit Prof. Dr. Jörg Tropp statt. Stipendiat Hamza Aly berichtet vom Workshoptag.


Erfahrungsbericht

von Hamza Aly

Stellen Sie sich vor, Sie bewegen sich täglich in einem unsichtbaren Netz aus Botschaften, die exakt auf Ihre Bedürfnisse und Gewohnheiten zugeschnitten sind – so perfekt, dass sie fast unmerklich Ihre Entscheidungen lenken. Genau in diesem Spannungsfeld zwischen digitaler Vernetzung und manipulativer Verführung bewegte sich unser Seminar „Vernetzte Verführungen – Wie wir uns gegen die Dark Arts der Konsumindustrie wehren können?“.

Unter der fachkundigen Leitung von Prof. Dr. Jörg Tropp erhielten wir tiefgehende Einblicke in die Mechanismen und Strategien, die hinter den modernen Verführungstechniken der Konsumindustrie stehen. Das Seminar widmete sich umfassend der Frage, wie moderne Werbe- und Kommunikationsstrategien gezielt eingesetzt werden, um unsere Entscheidungen zu beeinflussen. Es ging dabei nicht um eine pauschale Kritik der Konsumindustrie, sondern um ein differenziertes Verständnis: Wir, als Verbraucher, tragen mit unserem Verhalten einen Teil der Verantwortung und haben zugleich die Möglichkeit, durch informierte Entscheidungen unsere Verbrauchersouveränität zu stärken. Der Ansatz des Seminars war es, die vielschichtigen Prozesse der digitalen und analogen Verführung zu entwirren. Dabei wurde deutlich, dass die Vernetzung in der Konsumindustrie ein zweischneidiges Schwert darstellt: Sie ermöglicht nicht nur individuell angepasste Angebote, sondern birgt auch Risiken der Manipulation und des unbewussten Einflusses. Jörg Tropp präsentierte uns ein breites Spektrum an theoretischen Grundlagen und praktischen Beispielen, die den Weg der „Dark Arts“ in der Werbung aufzeigen. Es wurde gezeigt, wie ein Netzwerk aus Produzenten, Vermittlern, Konsumenten und Kommentatoren einen dynamischen Sinnzusammenhang bildet, der die gesamte Werbewelt prägt. Dabei wurde das Konzept der Verbrauchersouveränität als Fähigkeit definiert, bewusste und wissensbasierte Entscheidungen zu treffen – ein Ideal, das oft durch das Attitude-Behavior Gap erschwert wird. Das Attitude-Behavior Gap bezeichnet die Diskrepanz zwischen dem, was wir sagen und glauben, und dem, was wir tatsächlich tun. Obwohl wir oft wissen, welche Entscheidungen sinnvoll wären, handeln wir aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit oft anders.

Das Seminar beleuchtete zudem, wie Faktoren wie Knappheit, soziale Bewährtheit, Reziprozität und Autorität auf der affektiven, unterbewussten Ebene wirken und es der Konsumindustrie ermöglichen, unser Verhalten zu steuern, ohne dass wir es unmittelbar wahrnehmen. Eine zentrale Erkenntnis war, dass heutige Werbestrategien auf einer umfassenden Vernetzung basieren, die individuelle Lebenswelten, mediale Inhalte und gesellschaftliche Werte geschickt miteinander verknüpft. So kommen Techniken wie Influencer Marketing, Behavioural Targeting, Customer Journey Management sowie biometrisches Targeting zum Einsatz, um den Verbraucher an mehreren Berührungspunkten gleichzeitig anzusprechen. Besonders eindrucksvoll war der Vergleich zwischen traditioneller Werbung und den Dark Arts moderner digitaler Techniken, der das Phänomen des „faulen Kontrolleurs“ verdeutlichte – jenes Verhalten, bei dem wir aus Bequemlichkeit oder Gewohnheit unreflektierte Entscheidungen treffen, obwohl wir um die manipulativen Einflüsse wissen.

Hamza Aly | Stipendiat, Elektro- und Informationstechnik (Bachelor), Hochschule Düsseldorf

 

 

»Der interaktive Austausch und die praktischen Übungen haben meine Perspektive auf den eigenen Konsum grundlegend verändert […].«

 

 

 

 

Im praktischen Seminarteil wurden mithilfe von KI-gestützten Analysen Lösungsansätze erarbeitet, um dem Einfluss der Dark Arts zu begegnen. Dabei stand die Frage im Raum, ob es realistisch ist, dass wir uns gegen diese manipulativen Techniken wehren und unsere Souveränität zurückgewinnen können. Die Ergebnisse regten zu einem intensiven Austausch an und lieferten wertvolle Impulse, wie wir bewusster konsumieren können. Das Seminar bot weit mehr als reines Fachwissen: Es schuf ein neues Bewusstsein im Umgang mit digitaler Werbung und manipulativen Marketingstrategien. Wir lernten, wie wichtig es ist, die Kontrolle über unsere persönlichen Daten zu behalten und alternative, datensparsame Dienste zu nutzen, und wie eine kritische Medienkompetenz uns befähigen kann, Werbebotschaften zu hinterfragen und informierte Konsumentscheidungen zu treffen.

Der interaktive Austausch und die praktischen Übungen haben meine Perspektive auf den eigenen Konsum grundlegend verändert, sodass ich nun nicht nur passiv den Einfluss der Konsumindustrie hinnehmen, sondern aktiv und informiert Gegenmaßnahmen ergreifen kann. Das Seminar war somit ein eindrucksvoller Weckruf in einer Welt, in der digitale Vernetzung und personalisierte Werbung allgegenwärtig sind. Es vermittelte nicht nur fundiertes Wissen über die Funktionsweisen moderner Verführungstechniken, sondern auch praxisnahe Ansätze, um unsere Verbrauchersouveränität zu stärken. Die gewonnenen Erkenntnisse haben meinen Blick auf die Konsumwelt nachhaltig verändert: Ich weiß nun, dass informierte Entscheidungen und kritischer Konsum zentrale Werkzeuge sind, um den manipulativen Dark Arts der Werbewelt zu begegnen. Mit einem erweiterten Methodenkoffer und einem gestärkten Selbstbewusstsein blicke ich optimistisch in die Zukunft – bereit, aktiv Einfluss zu nehmen und meine persönliche Datenautonomie zu wahren.

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