Klimawandel:
Klimaschutz bleibt eine der wichtigsten Aufgaben
Der Klimaschutz bleibt eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft. Über aktuelle Entwicklungen, die letzte globale Klimakonferenz Ende 2023 in Dubai und weitere Maßnahmen sprechen wir mit Alumna Laura von Rudno Restrepo. Klimawissenschaft ist für sie Beruf und Berufung zugleich.
INTERVIEW
Laura, du hast im Bachelor „Klimaschutz und Klimaanpassung“ an der Technischen Hochschule Bingen studiert und im Oktober 2023 den Masterstudiengang „Earth and Climate System Science“ an der Uni Hohenheim begonnen. Was ist deine Motivation für die Wahl dieser Studienfächer?
Ich möchte mein Wissen im Bereich Erdsysteme weiter vertiefen. Ich kann mir vorstellen, in Zukunft im Bereich der Klimamodellierung oder in der Klimawissenschaft tätig zu sein. Da Englisch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft die vorherrschende Sprache für die Veröffentlichung von Fachartikeln ist, war es mir wichtig, einen englischsprachigen Masterstudiengang zu absolvieren. Meine Universität bietet zudem einige Module an, die mich besonders interessieren. In diesem Semester belege ich beispielsweise Kurse in Climate History, Künstlicher Intelligenz, Programmierung, Remote Sensing und Mathematik. Da ich während meines Bachelorstudiums im Bereich Programmierung noch nicht ausreichend Kenntnisse erlangt habe, war es mir besonders wichtig, mich in diesem Bereich weiterzubilden. Nach deinem Bachelor hast du als Klimaschutzmanagerin der Stadt Rüsselsheim am Main gearbeitet, bevor es dann mit deinem jetzigen Master weiterging. Was waren deine Aufgaben als Klimaschutzmanagerin und wo konntest du tätig werden? Genau, ich hatte nach dem Bachelor die Möglichkeit, ein wenig Berufserfahrung zu sammeln. Das war eine tolle Gelegenheit. Zu meinen Aufgaben hat folgendes gehört:
- Mitarbeit bei der Umsetzung des integrierten Klimaschutzprogrammes
der Stadt Rüsselsheim - Leitung, Planung, Koordination und Durchführung von
Projekten im Bereich des Klimaschutzes (z.B. Aufsuchende
Energieberatung) - Organisation von Kampagnen, Ausstellungen und Veranstaltungen
(z.B. Nachhaltigkeitstag, Klimazeugenausstellung,
Earth Hour etc.) - Beantragung von Fördermitteln
- Beratung für Bürger zum Klimaschutz
- Fachspezifische Öffentlichkeitsarbeit
Wir hatten im Rahmen einer früheren Newsletterausgabe (Mai 2020) schonmal zusammen über das Thema „Klimaschutz & Nachhaltigkeit“ gesprochen. Seitdem gab es einige Klimaverhandlungen und das EU-Klimagesetz trat am 29. Juli 2021 in Kraft. Uns interessiert nochmal deine Perspektive auf den Alltag. Was hat sich aus deiner Sicht seitdem beim Klimaschutz im alltäglichen Bewusstsein der Menschen getan und was ist noch erforderlich für mehr Klimaschutz im Alltag?
Das ist eine Frage, die für mich persönlich ziemlich schwer zu beantworten ist. Ich lebe, wie wir alle, in einer kleinen Blase. Die Menschen, mit denen ich meinen Alltag verbringe, sind größtenteils Studierende, denen das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt. Andernfalls hätten sie sich wahrscheinlich nicht für den Studiengang „Earth and Climate System Science“ entschieden. Dadurch entsteht bei mir oft der Eindruck, dass wir bereits in einer sehr nachhaltigen Gesellschaft leben. Sobald ich jedoch meine persönliche Blase verlasse, muss ich immer wieder feststellen, dass unsere Gesellschaft leider noch nicht den Stand erreicht hat, den sie eigentlich haben sollte. Dennoch würde ich sagen, dass seit dem Beginn von „Fridays for Future (FFF)“ das Thema immer mehr in die öffentliche Debatte gerückt ist. Extreme Wetterereignisse, die das Thema in den Vordergrund stellen, kommen immer häufiger vor. 2023 war laut dem Europäischen Klimawandeldienst Copernicus das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Trotzdem schaffen wir es als Gesellschaft nicht, die erforderlichen Maßnahmen für angemessenen Klimaschutz zu ergreifen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass wir in der Lage sind, drastische Maßnahmen zu ergreifen, wenn wir es für notwendig halten. Um also auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Meiner Meinung nach fehlt es in der Gesellschaft an einem Bewusstsein für die Dringlichkeit der erforderlichen Maßnahmen.
»Es fehlt in der Gesellschaft ein Bewusstsein für die Dringlichkeit der erforderlichen Maßnahmen.«
Vom 30. November bis zum 12. Dezember 2023 fand in Dubai die 28. UN-Klimakonferenz statt. Als großer Erfolg der COP 28 gilt die Einigung auf die Abkehr von fossilen Energien weltweit. Zudem sollen erneuerbare Energien weltweit bis 2030 verdreifacht und 792 Millionen US-Dollar für Betroffene von Klimaschäden bereitgestellt werden. Wie siehst du diese Ergebnisse der vergangenen Klimakonferenz?
Angesichts der kontroversen Führung der COP und des Gastgeberlandes, das zur OPEC-Gruppe gehört, waren meine Erwartungen an die COP nicht besonders hoch. Dass am Ende die Abkehr von fossilen Energien beschlossen wurde, ist ein wichtiger und notwendiger Schritt in Richtung Pariser Abkommen. Dennoch muss betont werden, dass der Output der Konferenz im Hinblick auf das Erreichen der 1,5°C-Grenze weit davon entfernt ist, zufriedenstellend zu sein. Es wurden zwar bereits grundlegende Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität beschlossen, einschließlich des Ausbaus erneuerbarer Energien. Es fehlen jedoch konkrete Zeitpläne für den Ausbau und ein bedingungsloser Ausstiegsbeschluss. Dadurch behalten Staaten weiterhin die Möglichkeit, die globale Abkehr von fossilen Energien
zu verzögern. Letztlich wird der Erfolg der COP an den tatsächlich ergriffenen Maßnahmen der einzelnen Länder gemessen. Alle Länder sollten daher rasch Maßnahmen ergreifen, um den Übergang von fossilen Energieträgern zu beschleunigen.
»Die Verantwortung für die Zukunft liegt in unseren Händen. Was wir heute tun, beeinflusst morgen.«
Wie sollte es für einen effektiven und nachhaltigen Klimaschutz deiner Meinung nach weitergehen und was ist erforderlich?
Tatsache ist, dass wir den Willen der Gesellschaft (Anm. d. Red.: von jedem einzelnen sowie von Industrie, Unternehmen, Politik etc.) benötigen, um effektiven und nachhaltigen Klimaschutz zu betreiben. Die Menschen müssen bereit sein, alte Gewohnheiten abzulegen, ihr Konsumverhalten zu ändern und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Es gibt bereits zahlreiche Studien die aufzeigen, welche Wege und Möglichkeiten zur Reduzierung unserer Emissionen existieren. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Diskussion über ein Tempolimit. Das Umweltbundesamt schreibt: „Die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen und eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit auf Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften wäre ein kurzfristig umsetzbarer, kostengünstiger und effektiver Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor.“ Für mich ist es somit ein logischer Schritt und die Politiker sollten den Willen der Gesellschaft umsetzen. Ohne klaren Willen werden wir keine Politiker bekommen, die sich anhand von Gesetzen für einen ambitionierten Klimaschutz einsetzen. Im Gegenteil, wenn man die zunehmende Stärke der AfD berücksichtigt, bereitet mir das große Sorgen. Im September 2023 stellte die AfD einen Antrag zur Kündigung aller Klimavereinbarungen. Aber auch andere Parteien könnten aus meiner Sicht noch deutlich engagierter im Bereich Klimaschutz auftreten.
Vielen Dank für das Interview!