Online-Workshop: Künstliche Intelligenz (KI)

Künstliche Intelligenz – dieses Stichwort ist gerade in aller Munde. Und nun? Beim Online-Workshop blickten Stipendiaten und Alumni zusammen mit den Referenten hinter die Kulissen und erhielten einen ganzheitlichen Überblick über das Thema KI & Maschinelles Lernen. Wir haben mit den beiden Referenten Alexander Braun und Dr. Lars Lüder sowie mit Stipendiat Mohab Abbas gesprochen.

Bild: www.pixabay.com / geralt


Interview

mit Alexander Braun & Dr. Lars Lüder

Herr Lüder, um ins Thema einzusteigen, vervollständigen Sie
den nachfolgenden Satz: Künstliche Intelligenz ist für mich…

…eine aufregende neue Technologie, die Einfluss auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nehmen wird bzw. bereits genommen hat. Und sie ist ein Werkzeug, mit dem man viele tolle Dinge machen kann, aber dessen Umgang man – wie bei jedem Werkzeug – lernen und verstehen sollte.

Was war Ihnen wichtig, den Workshopteilnehmenden zu vermitteln und mitzugeben?
Alexander Braun: Wir wollten vor allem einen Überblick über die verschiedenen Einsatzbereiche von KI in der Praxis geben und den Teilnehmenden viele Beispiele zeigen, wie KI-Anwendungen im Alltag, Studium oder bei der Arbeit hilfreich sein können. Wir wollten darüber hinaus aber auch erklären, wie KI grundlegend funktioniert und wo potenzielle Grenzen und Risiken bestehen. Denn wenn wir immer mehr mit dieser neuen Technologie konfrontiert werden, ist es wichtig zu verstehen, was sie überhaupt leisten kann und wo sie scheitert.

Wie sind Sie zum Thema KI gekommen?
Lars Lüder: Während meiner Tätigkeit in der Wissenschaft habe ich zahlreiche Forschungsprojekte mit KI und Maschinellem Lernen kennengelernt, beispielsweise bei einer effizienten Auswertung aus experimentell gewonnenen Messdaten, sodass ich ursprünglich über die Forschung zu dem Thema KI gekommen bin. Aber so richtig in das Feld der KI eingetreten bin ich über meine jetzige Anstellung am Tübingen AI Center beim Bundeswettbewerb KI.

Was fasziniert Sie an KI?
Alexander Braun: Am meisten fasziniert mich an KI, dass sie völlig anders funktioniert als alle Werkzeuge und Technologien, die die Menschheit bisher entwickelt hat. Wenn früher ein Computer eine Aufgabe lösen sollte, musste man ihm ganz genaue Anweisungen geben, wie er vorgehen soll. KI hingegen lernt eine Aufgabe anhand von Beispielen und entwickelt dabei selbst eine geeignete Lösung. Das eröffnet uns völlig neue Möglichkeiten. KI-Anwendungen können Gedichte schreiben, Bilder malen oder Lieder komponieren, ohne dass ein Mensch ihr sagt, was zu tun ist. Auf der anderen Seite führen die selbstlernenden KIs aber auch dazu, dass selbst die Menschen, die sie gebaut haben, nicht immer genau erklären können, wie das Programm auf ein bestimmtes Ergebnis gekommen ist. Diese Eigenschaft macht KI zu einem faszinierenden Werkzeug und gleichzeitig zu einer völlig neuartigen Herausforderung.

Welche Herausforderungen und Fragen von Ethik und Urheberschaft bringen KI-Anwendungen mit sich?
Lars Lüder: Künstliche Intelligenz ist eine neue Technologie, deren Anwendung genau bedacht werden sollte. Damit meine ich beispielsweise Überlegungen, ob die Anwendung eines bestimmten KI-Tools ethisch vertretbar ist und welche Folgen eine KI-Anwendung haben könnte. Gerade im Bereich der „Generativen KI“, wo man mit Hilfe von trainierten künstlichen neuronalen Netzen neue Inhalte wie Texte, Bilder oder Musik kreieren kann, muss geklärt werden, wer nun als Urheber gilt: Ist es die Person, die den Prompt eingegeben hat und den Inhalt erschaffen hat? Ist es womöglich der Programmierer der KI-Software? Oder ist es am Ende die KI selbst? Auch die Künstlerinnen und Künstler, deren Werke für das Training der KI verwendet wurden, haben einen wesentlichen Anteil daran, welche Ergebnisse die KI letztendlich ausspuckt. Antworten auf Fragen über die Urheberschaft sind daher nicht trivial und müssen diskutiert werden.

Alexander Braun | Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen

 

 

»Am meisten fasziniert mich an KI, dass sie völlig anders funktioniert als alle Werkzeuge und Technologien, die die Menschheit bisher entwickelt hat.«

 

 

Sie haben im Workshop auch die Plattform „To Teach“ vorgestellt, über die man mit Hilfe von KI z.B. Übungsaufgaben/Arbeitsblätter erstellen kann. Inwieweit können KI-Anwendungen für die (Hoch-)Schulbildung und die Gestaltung von Lerninhalten nützlich sein?
Alexander Braun: Für Lehrkräfte und Dozierende bieten KI-Anwendungen neue Möglichkeiten, um spannende und motivierende Unterrichtsmaterialien zu erstellen. Aus nüchternen Texten können zum Beispiel Bilder oder Videos erzeugt werden, die den Lehrstoff anschaulich vermitteln. Schüler können mit historischen Persönlichkeiten wie Napoleon oder Marie Curie „chatten“ und dabei Geschichte hautnah erleben oder gemeinsam mit der KI eine Fantasiegeschichte schreiben und gleichzeitig Tipps und Feedback bekommen. Jeder Schüler könnte mit einem eigenen KI-Tutor Lehrstoff in der passenden Geschwindigkeit lernen, Hausaufgaben bearbeiten und jederzeit Fragen stellen. KI kann und sollte eine menschliche Lehrkraft auf keinen Fall ersetzen, aber kann eine wichtige Unterstützung für motivierendes und adaptives Lernen sein.

Lässt sich KI auch als Zeitmanagement-Tool einsetzen, z.B. um einen Lernplan für Bachelor-/Masterarbeiten oder die Vorbereitung auf das Staatsexamen zu erstellen?
Lars Lüder: Bestimmt. Ich habe es noch nicht getestet, aber ich könnte mir vorstellen, einer KI den zu lernenden Inhalt einzugeben, gegebenenfalls die Prüfungsordnung zu beschreiben und sie dann anzuweisen, einen personalisierten Lernplan auf Basis der gefütterten Daten zu erstellen. Allerdings rate ich stets dazu, KI-generierte Inhalte auf Korrektheit zu überprüfen, denn Anwendungen wie z.B. ChatGPT, die mit Maschinellem Lernen trainiert wurden, verfügen über kein Verständnis im menschlichen Sinne. Die KI berechnet lediglich die Wahrscheinlichkeiten der Wörter und generieren Antworten in ähnlichen Mustern, so wie es im Vorfeld durch den Menschen trainiert wurde. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man KI-Anwendungen sinnvoll einsetzen kann, sodass ein Mehrwert für den Einzelnen entsteht. Gerade im Bereich der Bildung gibt es tolle Einsatzmöglichkeiten, wie z.B. individuelle Lernhilfen.

Welche KI-Tools nutzen Sie beispielsweise gerne im Alltag?
Alexander Braun: Ich nutze regelmäßig ChatGPT, beispielsweise beim Programmieren oder beim Schreiben von längeren Texten. Zudem erstelle ich gerne Bilder und Musik mithilfe von KI-Anwendungen wie Dall-E und Suno. Mit Elvenlabs und D-ID lassen sich Gemälde oder Bilder von historischen Persönlichkeiten zum Leben erwecken und lesen beliebige Texte vor. Das nutze ich oft, um Vorträge aufzulockern oder auch als Geburtstagsgrüße.

Dr. Lars Lüder | Nanowissenschaftler, Projektkoordinator für Lernmedien beim Bundeswettbewerb Künstliche Intelligenz

 

 

»Ich bin optimistisch und der Ansicht, dass Arbeitsprozesse durch KI eher verbessert werden und KI-Anwendungen den Menschen bei der Arbeit unterstützen.«

 

 

 

Im Workshop diskutierten die Stipendiaten auch einige Fragen, u.a. zur Gefährdung von Arbeitsplätzen durch KI. Was meinen Sie, vernichtet KI Arbeitsplätze oder unterstützt und verbessert sie eher Arbeitsprozesse?
Lars Lüder: Ich bin optimistisch und der Ansicht, dass Arbeitsprozesse durch KI eher verbessert werden und KI-Anwendungen den Menschen bei der Arbeit unterstützen. Ich denke dabei an Tools, die beispielsweise in Firmen die Qualitätsüberprüfung effizienter gestalten, Ärzte bei der Diagnose unterstützen oder in Ämtern die Bürokratie reduzieren. Einige Arbeitsplätze werden, wie es bei der Etablierung neuer Technologien immer der Fall ist, wegfallen, aber es werden auch neue Arbeitsplätze entstehen. In jedem Fall sollten KI-Anwendungen im Einzelnen betrachtet und ihr Risiko abgewogen werden, weswegen ich auch das kommende Gesetz der Europäischen Union zur Regulierung von KI-Technologien („EU AI Act“) gutheiße.

Wie könnten zukünftig Studierende KI (vermehrt) sinnvoll im Studium nutzen?
Alexander Braun: KI-Anwendungen können eine große Hilfe beim Lernen oder Schreiben von Hausarbeiten sein. Hier gibt es Anwendungen, die beliebige Verständnisfragen zu einem PDF-Dokument oder einem YouTube-Video beantworten und deren Inhalt zusammenfassen oder bei der Suche nach wissenschaftlichen Texten und anderen Quellen unterstützen können. KI kann aber auch bei der Organisation des Studienalltags helfen in dem sie Mind-Maps oder Zeit- und Lernpläne erstellt. Viele Studierende besuchen Kurse oder Universitäten, in denen nicht ihre Muttersprache gesprochen wird. Übersetzungs-KIs wie DeepL oder Google Translate können hier eine große Unterstützung sein.


Die Referenten:
Alexander Braun hat 2023 sein Master-Studium in Maschinellem Lernen an der Universität Tübingen abgeschlossen. Während des Studiums war er beim Bundeswettbewerb Künstliche Intelligenz tätig und hat dort wesentlich am online KI-Kurs mitgewirkt, sowie Vorträge und Workshops zur Integration von KI in den Schulunterricht gehalten. Seit Dezember 2023 arbeitet er am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen und entwickelt dort KI-gestützte Tutorensysteme für den Bildungsbereich.
Dr. Lars Lüder hat an der Universität Tübingen Nanowissenschaften studiert und anschließend am Forschungszentrum Empa in der Schweiz im selben Fach promoviert. Seit Januar 2023 arbeitet er als Projektkoordinator für Lernmedien beim Bundeswettbewerb Künstliche Intelligenz (BWKI) und betreut dort den online KI-Kurs. Auch die Präsentation des BWKI (z.B. bei Bildungsmessen), Teile des Public Engagements und Jugendbetreuung im Tübinger KI-Makerspace gehören zu seinen Tätigkeiten.


Interview

mit Mohab Abbas

Hattest du bereits Vorkenntnisse zum Thema KI und Maschinellem Lernen?
Ja, ich hatte bereits einige Vorkenntnisse zum Thema Künstliche Intelligenz und wollte schon immer mehr über KI, Maschinelles Lernen und richtiges Prompten (Anm. d. Red.: Erklärung siehe unten) erfahren. Prompts bieten somit einen zentralen Leitfaden für die KI, um gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Ich denke, dass sich viele Jobs in der Zukunft verändern werden und Effizienz eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird. Deswegen sollte man für die Anwendung von KI in der Arbeitswelt gewappnet sein.

Wie blickst du auf das Thema KI: mit Sorge, Neugier, Ungewissheit etc.?
Ich betrachte das Thema KI mit einer Mischung aus Neugierde und Skepsis. Auf der einen Seite bin ich fasziniert von den Möglichkeiten, die KI bietet, vor allem im Hinblick auf die Steigerung der Effizienz und die Vermeidung von Routineaufgaben. Auf der anderen Seite mache ich mir Gedanken über die ethischen und datenschutzrechtlichen Aspekte. Die Frage ist: Was passiert mit unseren Daten? KI-Systeme müssen unbedingt transparent gestaltet werden und die Privatsphäre der Nutzer muss geschützt bleiben. Zudem gibt es derzeit keine klaren Gesetze für KI-generierte Bilder und die Urheberrechtssituation ist oft unbekannt, was zu juristischen Unklarheiten führt. Ich befürchte zudem, dass die KI nicht immer zwischen guten und schlechten Absichten zu unterscheiden vermag. Auf der anderen Seite greift manche KI schon jetzt auf ethische Werte, Grundsätze und Moralvorstellungen zurück, die im KI-System vom Menschen so hinterlegt wurden, und weigert sich, zu unmoralischen Themen beizutragen. Deepfakes sind eine große Bedrohung für die politische Landschaft, denn sie können dazu verwendet werden, Fehlinformationen zu verbreiten und den Leumund von Politikern zu schädigen. Mit manipulierten Videos und Bildern können gefälschte Informationen verbreitet, das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen untergraben und politische Wahlen beeinflusst werden. In Krisenzeiten können Deepfakes die Spannungen noch verschärfen und zu falschen Entscheidungen führen. Zudem stellen sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit dar, wenn sie falsche Anweisungen von Regierungsvertretern vortäuschen, und können so internationale Konflikte schüren. Der Rechtsrahmen ist häufig unzureichend, was die Überwachung dieser Technologie erschwert. Daher ist es von zentraler Wichtigkeit, dass die Regierungen, Technologiefirmen und die Öffentlichkeit zusammenarbeiten, um Mechanismen zur Identifizierung und Bekämpfung von Deepfakes zu entwickeln, um die Integrität der politischen Prozesse zu schützen.

Mohab Abbas | Stipendiat, Entrepreneurship (Master), Hochschule Heilbronn

 

 

»Ich denke, KI ist eine gute Unterstützung, die Arbeit abnehmen kann, aber es ist gefährlich, sich nur auf KI zu verlassen.«

 

 

 

 

Welche KI-Tools benutzt du im Alltag?
Im Alltag nutze ich verschiedene KI-Tools. Eines davon ist DALLE, mit dem ich Bilder generiere für Präsentationen oder Pitches. Es braucht meistens mehrere Anläufe bis die KI versteht, welches Bild ich mir gerade vorstelle, aber am Ende ist das Ergebnis verblüffend. Diese Technologien haben das Potenzial, die Zukunft des automatisch generierten Contents für Social Media erheblich zu beeinflussen. Auch wenn ich momentan keine Tools wie Devin nutze, die das Programmieren erleichtern und Entwickler zu Software-Ingenieuren machen, habe ich vor, mich damit vertraut zu machen. Schon immer wollte ich programmieren lernen, doch bisher fehlte mir die Zeit dafür. KI wird in Zukunft das Coden übernehmen.

Welche Erkenntnisse hast du aus dem Workshop für dich mitgenommen?
Aus dem Workshop habe ich zahlreiche neue Erkenntnisse mitgenommen, insbesondere über die Anwendung von KI in verschiedenen Industrien. Besonders spannend fand ich die Diskussionen über ethische Fragestellungen. KI kann die Effizienz erheblich steigern und Menschen von repetitiven Aufgaben entlasten, wodurch sie sich auf kreativere und strategische Tätigkeiten konzentrieren können. Ich denke, KI ist eine gute Unterstützung, die Arbeit abnehmen kann, aber es ist gefährlich, sich nur auf KI zu verlassen. Menschliche Überprüfung und kritisches Denken sind weiterhin unerlässlich, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein weiterer wichtiger Punkt war die praktische Anwendung: Ich habe erfahren, wie man mithilfe von Elevenlabs, KI-generierten Bildern und D-ID kurze Videos für Social Media erstellen kann.


Was ist Promting?

Beim Prompting handelt es sich um klar formulierte Anweisungen oder Fragen, die an ein KI-System gerichtet sind, um spezifische Reaktionen oder Antworten von einer KI zu generieren. Beispiel: Du möchtest mithilfe von ChatGPT E-Mails verfassen. Ein effektiver Prompt könnte dann lauten: „Verfasse eine professionelle E-Mail an meine Kollegin XY, in der du um zusätzliche Informationen für das Projekt XY bittest.“
Quelle: https://www.iu-akademie.de/blog/was-ist-prompting

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