Workshop „Debattiertraining“:
Erfolgreich präsentieren & überzeugend argumentieren

Was macht eine gute Debatte aus? Das erfuhren die Stipendiaten im Praxisworkshop mit Simon Wolf Ende Juni. Im Gespräch verrät er uns, welche bisher seine spannendste Debatte war und wann sie erfolgreich ist. Zudem teilt ein Workshopteilnehmer mit uns, was er aus dem Debattiertraining für sich mitgenommen hat. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Peter Fuld Stiftung statt.


 

»Mit passender Gestik werden gute Argumente oft erst zu überzeugenden Argumenten.«

NIELS BANDELOW
Stipendiat im Studienfach Rechtswissenschaft

 

ERFAHRUNGSBERICHT EINES STIPENDIATEN

Wer lauter schreit, hat recht?! Leider kommt es vor, dass Diskussionen oft von Manipulation anstatt Sachargumenten bestimmt werden. Es kann schwierig sein, sich gegen „dunkle Rhetorik“ wie Polemik und den Einsatz von Furcht durchzusetzen. Doch das bedeutet nicht, dass Rhetorik per se schlecht ist – im Gegenteil. Richtig eingesetzt kann sie komplexe Sachverhalte verständlicher machen und Menschen in bestimmten Themen emotional erreichen. Wer sich rhetorisch bildet, kann Manipulation erkennen und entkräften. Diesen Einsatz von Rhetorik lernten wir im Workshop von Simon Wolf. Auf der Wochenendfahrt konnten wir bereits an unserer Körpersprache und Artikulation arbeiten. Durch Herr Wolfs Coaching können wir nun auch inhaltlich schlagfertig überzeugen. Wir lernten, wie wichtig es ist, seine Argumentation prägnant zu formulieren. Wer sich in Nebensätzen verliert, verliert auch das Publikum.

Die Stipendiaten bereiteten sich in Teams auf das Debattieren vor und nutzen dazu unter anderem Videofeedback als Medium. Referent Simon Wolf gab ihnen wertvolle Tipps zur Körpersprache und Argumentationstechniken.

Umso wichtiger ist der Einsatz von Beispielen, Vergleichen und bildlicher Sprache. Mit passender Gestik werden gute Argumente oft erst zu überzeugenden Argumenten. Zuletzt gilt: Kenne dein Publikum. Herr Wolf zeigte uns, wie man seine Argumentation auf verschiedene Zielgruppen anpassen sollte. Diese Tipps durften wir am Ende in einer Debatte über die verpflichtende Einführung der Vier-Tage-Arbeitswoche anwenden. Einige kannten das Format noch aus ihrer Schulzeit von Jugend debattiert. Obwohl das Thema komplex war, hatten wir nicht viel Vorbereitungs- und Redezeit. Wir mussten uns daher schnell im Team koordinieren und nahezu spontan plädieren. Durch den Workshop habe ich insbesondere meine Freude am Debattieren wiederentdeckt. Nun plane ich, regelmäßig an Debatten teilzunehmen, zum Beispiel im Debattierclub. Ich bin daher sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich durch den Workshop sammeln durfte.

von Niels Bandelow


»Gutes Überzeugen erfordert vor allem drei Dinge: Gute Argumente, gutes Zuhören und die Lust an der intensiven Auseinandersetzung in der Sache.«

SIMON WOLF
Trainer, Berater und Coach für Rhetorik und Kommunikation

 

INTERVIEW

Herr Wolf, was war Ihnen besonders wichtig, den Stipendiaten bei Ihrem Seminar zu vermitteln?
Gutes Überzeugen erfordert vor allem drei Dinge: Gute Argumente, gutes Zuhören und die Lust an der intensiven Auseinandersetzung in der Sache. Der dritte Punkt war mir besonders wichtig. Denn ich bin überzeugt, dass wir in der Gesellschaft qualitativ bessere Auseinandersetzungen benötigen: Eine faire, stets wertschätzende, aber auch klare Prüfung, wer das beste Argument hat. Also letztlich eine echte Streitkultur.

Ein Thema Ihres Workshops war das überzeugende Argumentieren. Wann ist dies erfolgreich?
Entscheidend ist aus meiner Sicht schon mal die Erkenntnis, dass wir an sehr vielen Stellen tatsächlich überzeugen wollen: In persönlichen Gesprächen, im Verein, in einer zivilgesellschaftlichen Initiative, im Beruf und auch in wissenschaftlichen Diskussionen. Überzeugen heißt dann nicht, dass ich über die einzig gültige Wahrheit verfüge und dieser Wahrheit eigentlich nur noch zum Durchbruch verhelfen müsste. Vielmehr bedeutet überzeugende Argumentation, dass ich mit voller Überzeugung hinter meiner eigenen Position stehe und diese Überzeugung auch vertrete. Trotzdem sollte ich stets für andere Positionen offen bleiben und das überzeugende Argumentieren im besten Sinn als ein Werben um Zustimmung verstehen. Natürlich muss diese Art von Überzeugung auf einem soliden sachlichen Fundament stehen, logisch gültig sein und fair vorgetragen werden. Sogar in der wissenschaftlichen Diskussion schaut man im Rahmen einer „Rhetoric of Science“ inzwischen immer mehr auf die rhetorischen Strukturen in der wissenschaftlichen Argumentation.

Was zeichnet eine gute Debatte aus?
Eine richtig gute Debatte erkennt man an einer klaren Ausgangsfrage und einem eindeutigen Vorschlag, der debattiert wird. Der Vorschlag richtet sich auf eine konkrete Veränderung der aktuellen Situation (Status quo). Im Debattieren als Wettkampfsport wird dieser Vorschlag als Antrag bezeichnet, und die Qualität des Antrags ist entscheidend für die Qualität der ganzen Debatte. Hier unterscheidet sich die Debatte von einer Diskussion, in der unterschiedliche Teilfragen in einer allgemeineren Art besprochen werden. Die Debatte ist dagegen thematisch enger, aber auch handlungsorientierter als eine Diskussion. Darüber hinaus muss eine Debatte auf prüfbaren Fakten beruhen, darf aber nicht bei der Benennung der Fakten stehenbleiben. Denn diese müssen immer in einen Kontext gestellt und sinnvoll bewertet werden. Natürlich muss es fair und respektvoll zugehen – und ja, eine echte, gute Debatte darf gerne auch lebendig und unterhaltsam sein.

Die Stipendiaten setzten im Praxisteil die theoretischen Inhalte des Workshops im Rahmen verschiedener Übungen um. Unterstützt wurden sie dabei von Simon Wolf.

Was nimmt man aus einer Debatte optimaler Weise für sich mit?
Persönlich mag ich es am liebsten, wenn ich mit einer kleinen Irritation aus einer Debatte herausgehe. Mit einer neuen Perspektive, mit interessanten neuen Fakten oder mit einer Frage, die ich mir vorher noch nicht gestellt hatte. Wertvoll ist es außerdem, wenn in einer Debatte deutlich wird, dass es auf der Pro- und auf der Contra-Seite um echte Probleme geht, dass also auf beiden Seiten der Debatte reale Menschen sich mit realen Herausforderungen auseinandersetzen müssen.

Welche war Ihre bisher spannendste und lehrreichste Debatte?
In meinem Studium hatte ich die Gelegenheit, den Tübinger Debattierclub Streitkultur e.V. mitzugründen und dort sehr viele lange Debattenabende zu genießen. Es ist gar nicht so einfach, daraus eine einzelne Debatte auszuwählen. Wenn ich aber eine einzige sehr gute und lehrreiche Debatte nennen sollte, dann denke ich sehr gerne an die Finaldebatte einer Deutschen Meisterschaft zurück. Dort wurde debattiert, ob unter bestimmten Bedingungen eine (Presse-)Zensur wieder eingeführt werden sollte. Einerseits bin ich überaus glücklich, dass das Publikum auch am Ende dieser sehr guten Debatte immer noch gegen die Wiedereinführung der Zensur gestimmt hat. Andererseits war es sehr wertvoll, sich die Gründe für diese vermeintliche Selbstverständlichkeit nochmals bewusst zu machen und wirklich die Werte abzuwägen, die im Hintergrund der Entscheidung stehen. Davon brauchen wir noch viel mehr in unseren vielen gesellschaftlichen Debatten.



Weiterführende Informationen:

Beispielthemen und Informationen dazu, wie und nach welchen Regeln eine Debatte bei „Jugend debattiert“ abläuft, finden Sie unter URL: https://www.jugend-debattiert.de/debatte-themen.

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