Stipendiatenfahrt 2023:
Der eigenen Stimme und Persönlichkeit auf der Spur
Im Rahmen der diesjährigen Stipendiatenfahrt Anfang Juni standen der Austausch und das nähere Kennenlernen im Fokus. Am Samstag fand ein Workshop mit Schauspielerin, Regisseurin und Rhetoriktrainerin Manuela Koschwitz statt, bei dem es um Auftritt, freie Rede, Stimme sowie Eigen- und Fremdwahrnehmung ging. Im Interview verrät sie, warum Atmung die zentrale Grundlage für Kommunikation ist. Ein Stipendiat berichtet von seinen Workshoperfahrungen.
»Die Wirkung der Korkenübung auf die Stimme war erstaunlich und sofort hörbar.«
OMAR ABOU-ELWAFA
Stipendiat im Studienfach Humanmedizin
ERFAHRUNGSBERICHT EINES STIPENDIATEN
Ein sehr großes Highlight unserer Wochenendfahrt ins Haus Toskana war der Workshop mit Manuela Koschwitz. Der Workshop war anders als ich erwartet hatte, aber genau deshalb war er sehr interessant und informativ. Wir haben uns mit Themen beschäftigt, für dich ich mich seit Jahren sehr interessiere, nämlich Körpersprache, Sprache und Kommunikation. Diese drei Aspekte können den Unterschied zwischen einer erfolgreichen und einer erfolglosen Kommunikation ausmachen. Sie sind entscheidend, ob unsere Botschaften von unseren Zuhörern verstanden werden oder nicht.
Körpersprache ist die Art und Weise, wie wir uns durch unsere Körperhaltung, Gesten und unsere Mimik ausdrücken. Es ist ein wichtiger Teil der nonverbalen Kommunikation und kann oft mehr aussagen als Worte. Eine offene Körperhaltung, wie zum Beispiel aufrechte Schultern und offene Arme, signalisiert Offenheit und Empfänglichkeit. Eine geschlossene Körperhaltung, wie zum Beispiel verschränkte Arme und eine nach vorne gebeugte Haltung, signalisiert hingegen Abwehr und Ablehnung. Aber ist das wirklich so…?! Das wurde uns zumindest jahrelang beigebracht, und zumindest ich habe das immer geglaubt. Laut Frau Koschwitz muss das jedoch nicht immer der Fall sein. Jeder hat seine ganz eigene Körpersprache und Haltung. Jede Person ist anders und jeder sollte für sich wissen und aufmerksam dafür sein, was die eigene natürliche Körpersprache ist und lernen, wie man sie verstärkt und richtig nutzt. Mit ein paar sehr interessanten praktischen Übungen haben wir auch die Wichtigkeit und Relevanz von Augenkontakt, klarer Sprache sowie Pausen- und Punktesetzen beim Sprechen kennengelernt. Ich habe selbst bemerkt, was die genannten Aspekte für einen erheblichen Unterschied in einem Gespräch machen können. Wir haben zudem geübt, wie wir während eines Gesprächs atmen sollten. Eine ruhige und gleichmäßige Atmung kann dazu beitragen, dass wir uns entspannen und auf das Wesentliche konzentrieren. Eine flache und schnelle Atmung kann hingegen Angst oder Stress signalisieren und uns unruhig werden lassen. Eine bewusste Atmung kann auch dazu beitragen, unsere Stimme zu kontrollieren und unsere Aussprache zu verbessern. Und da ich schon das Wort Aussprache genannt habe, muss ich die berühmte, teilweise sehr lustige, Korken-Sprachübung erwähnen. Mit Korken zwischen den Zähnen haben wir versucht zu reden bzw. einen Text vorzulesen. Die Wirkung der Korkenübung auf die Stimme war erstaunlich und sofort hörbar. Schon nach einer Minute Training hat sich die Artikulation verbessert. Wir haben deutlicher gesprochen, weniger genuschelt und die Stimme klang viel kraftvoller!
Ich bin der Stiftung und Frau Koschwitz sehr dankbar für eines der interessantesten Seminare, an dem ich in meinem Leben bisher teilgenommen habe. Ich habe viel gelernt und viel mitgenommen. Es war nie langweilig, wir haben viel gelacht und unsere gemeinsame Zeit sehr genossen. Ich fand es super, wie Frau Koschwitz das Seminar aufgebaut und die unterschiedlichen Übungen mit uns durchgeführt hat. Für jemanden, der oft in Seminaren wegen der Eintönigkeit abschweift oder gar einschläft, wollte ich in diesem Fall keine Sekunde verpassen! „Punkt“.
von Omar Abou-Elwafa
INTERVIEW
»Ohne, dass ich mich selbst wahrnehme und kenne, ist Kommunikation viel schwieriger und noch schwieriger ist es, eine Präsentation vor Publikum zu halten.«
MANUELA KOSCHWITZ
Schauspielerin, Regisseurin und Rhetoriktrainerin
Frau Koschwitz, was war Ihnen besonders wichtig, den Stipendiatinnen und Stipendiaten bei Ihrem Seminar zu den Themen Stimme, Eigen- und Fremdwahrnehmung und Körpersprache und Freie Rede zu vermitteln?
Eigenwahrnehmung ohne Wertung. Wie ein Detektiv der eigenen Person erst einmal der eigenen Atmung auf die Spur kommen. Wie spreche ich eigentlich und wieviel Zeit nehme ich mir dafür? Mache ich einen Punkt und mit dem Punkt auch eine Pause? Ohne, dass ich mich selbst wahrnehme und kenne, ist Kommunikation viel schwieriger und noch schwieriger ist es, eine Präsentation vor Publikum zu halten, Thema Lampenfieber.
Warum sind Atmung und Eigen- und Fremdwahrnehmung eine so zentrale kommunikative Grundlage?
Über eine bewusste Atmung kann ich alles steuern, meine Ruhe in einer Rede oder in einer schwierigen Kommunikationssituation. Die Crux ist nur, wir setzen uns mit unserer Atmung nicht auseinander, da sie von ganz alleine funktioniert. Bei der Frage: Wann spüren Sie Ihre Atmung bewusst? ist schnell klar, wie wenig wir das tun, wenn ich mich aufrege, wenn ich außer Atem bin, beim Sport ect. …das sind die häufigsten Antworten. Bisher war kaum jemand in meinem Workshop, der Atmung bewusst nutzt.
Welchen Stellenwert nimmt nonverbale Kommunikation, neben dem Fachwissen, im Berufsalltag ein und ist sie trainierbar?
Die nonverbale Kommunikation hat einen sehr hohen Stellenwert, denn oft entscheidet sich in den ersten Sekunden des Kennenlernens, zum Beispiel bei einem Bewerbungsgespräch, ob ich den Job bekomme oder nicht. Diese Form der Kommunikation ist aber den meisten Menschen genauso unbewusst, wie ihre Atmung und damit fehlt das Bewusstsein, wie ich zum Beispiel durch Augenkontakt oder nur allein durch die Stellung im Raum schon ganz viel gewinnen kann. Ja, die nonverbale Kommunikation ist trainierbar.
Welchen Tipp können Sie Interessierten geben, die gerne mit mehr persönlicher Ausstrahlung, Präsenz und Selbstbewusstsein auftreten möchten?
Bei sich anfangen, Detektiv der eigenen Persönlichkeit werden, der eigenen Stimme und sich Feedback einholen, echtes, ehrliches Feedback über die eigene Wirkung. Manch unsympathische Eigenheit nehmen wir selbst gar nicht wahr, und wenn sie uns keiner sagt, rennen wir ein Leben mit den heruntergezogenen Mundwinkeln herum und wissen nie, warum wir nicht strahlend ankommen.